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Digitaler Unterricht - was ist das überhaupt?

Die Digitalisierung ist schon seit längerem in aller Munde. Spätestens jedoch seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist auch klar, dass Deutschland in Puncto Digitalisierung der Bildung Nachholbedarf hat. Zwar ist – ebenfalls Corona-bedingt – ein Schub zu verspüren, aber was bedeutet digitaler Unterricht überhaupt? Wann ist Unterricht digital und – bei allen Chancen, die es unbestritten bietet – welche Herausforderungen gehen damit einher?

Digitaler Unterricht - eine Definition

Unter digitalem Unterricht versteht man, den schulische Prozess der Bildung unter Einsatz digitaler Medien, auch im Hinblick auf das Bildungsziel, zu verändern. Digitaler Unterricht befähigt Schüler:innen nicht nur den Unterricht, sondern darüber hinaus ihr (Berufs-)Leben aktiv mitzugestalten. Das heißt also, der Unterricht wird mit Hilfe von Laptops, Tablets und entsprechenden Tools so gestaltet, dass Schüler:innen sich stärker einbringen können und der Unterricht für sie interessanter ist. Es ist allerdings nicht klar geregelt, ab wann Unterricht als digital zu bezeichnen ist. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der regelmäßige Einsatz des altbekannten Overheadprojektors oder die Verwendung von einem Tablet pro 10 Schüler:innen alle paar Wochen, nicht ausreichend sind.

Modell des digitalen Unterrichts

Digitaler Unterricht kann auf viele, ganz unterschiedliche Arten, mit verschiedenen Hilfsmitteln umgesetzt werde. Das Angebot an Lern-Apps ist groß und unterscheidet sich zum Teil deutlich voneinander. Die einen Apps vermitteln Basics, die anderen ermöglichen die Verbesserung der für das 21. Jahrhundert gefragten Kernkompetenzen – welche der Apps geeignet ist, hängt zum Beispiel davon ab, ob die Schüler:innen damit alleine zuhause lernen, oder  gemeinsam im Unterricht. Mehr zu Apps für den Schulunterricht erfährst du hier

Das 4K-Modell definiert, die bereits erwähnten Kernkompetenzen des 21. Jahrhunderts, die für Lernende von herausragender Bedeutung seien: Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken. Diese vier Kompetenzen gelten als Grundlage für ein selbstgesteuertes Lernen und den Wissenserwerb und sind damit auch als eine Leitidee für den digitalen Unterricht zu betrachten. Die einzelnen Komponenten sind dabei nicht getrennt voneinander zu betrachten, sondern als Zusammenspiel. In den USA ist das Modell in der Bildungspolitik bereits breit verankert. Im deutschsprachigen Raum ist es vor allem durch den Vortrag des Bildungsforschers und OECD-Mitarbeiters Andreas Schleicher auf der Re:publica 2013 bekannt gewonnen. Das 4K-Modell bietet sicherlich einen guten Ansatz, ist aber zur alleinigen Gestaltung des Unterrichts nicht ausreichend. 

Vorteile von digitalem Unterricht

Personalisiertes Lernen

Durch digitalen Unterricht ist es für Schüler:innen möglich mit den Tools zu lernen, die am besten zu ihrem Lerntyp, ihren Fähigkeiten und Ihrem Wissensstand passen. Konkret bedeutet das, dass nicht mehr alle Schüler:innen zur selben Zeit auf dem selben Niveau sind, sondern dass einzelne Schüler:innen, die schneller sind, oder mehr Zeit für bestimmt Inhalte benötigen, diese in ihrem eigenen Tempo üben können. Schüler:innen kann auf diese Weise viel Frust erspart bleiben und Lernen kann zu einem positiven Erlebnis für sie werden. 

Unabhängig von Ort und Zeit

Theoretisch haben Schüler:innen durch digitales Lernen die Möglichkeit den Ort und die Zeit des Lernens selbst zu bestimmen. Natürlich ist der Unterricht auch mit einer gewissen Präsenz verbunden – und das ist auch gut – aber für Schüler:innen und Lehrer:innen ermöglicht digitaler Unterricht mehr Freiheit. Bei projektbezogener Arbeit (ob allein oder in Gruppen) kann diese Unabhängigkeit vielleicht schon heute ein bisschen genutzt werden.

Zusammenarbeit und Lernfortschritt

Ob im Klassenzimmer oder im Online-Unterricht – digitaler Unterricht ermöglicht es den Schüler:innen schnell und flexibel in Gruppen unterschiedlicher Größen und Zusammensetzungen zusammenzukommen und -zuarbeiten. Schüler:innen sollen gemeinsam und voneinander Lernen. Diejenigen, die sonst zurückhaltend sind, bekommen im digitalen Unterricht die Chance sich am Unterricht zu beteiligen. Auch lässt sich der Lernfortschritt der Schüler:innen bzw. Gruppen gut überprüfen. 

Umgang mit digitalen Medien

Die Schüler:innen lernen frühzeitig den Umgang mit digitalen Medien. Dazu gehört nicht nur der Umgang mit verschiedenen Tools, sondern auch das Beschaffen, Sortieren, Kategorisieren und Hinterfragen von Informationen. Damit wird der Unterricht auch ein ganzes Stück realitätsnäher, da das Internet aus dem Alltag der Schüler:innen sowieso nicht mehr wegzudenken ist und sie den Umgang damit lernen müssen. Die erarbeiteten, interaktiven Ergebnisse motivieren die Schüler:innen und sind für die anderen Gruppen ebenfalls interessant und lehrreich.

Herausforderungen von digitalem Unterricht

Obwohl digitaler Unterricht viele Vorteile mit sich bringt, gibt es auch immer wieder Kritikpunkte, die genannt werden und die wir dir natürlich auch nicht vorenthalten möchten.

Kompetenzen statt Wissen

Die Vermittlung von Kompetenzen rückt noch stärker in den Fokus und die Wissensvermittlung gerät zunehmend in den Hintergrund. Durch den Einsatz digitaler Medien kann dies noch verschärft werden. Die Vermittlung von Wissen und der Prozess, aus einer reinen Information (z.B. einer Definition) durch den Kontext, Wissen zu machen, ist eine Fähigkeit, die Schüler:innen lernen müssen. Oft ist das nur nachhaltig möglich durch eine vielfältige, interdisziplinäre Auseinandersetzungen.

Einarbeitung

Einige Lehrer sind technisch noch nicht versiert genug, sodass die Auseinandersetzung und Einarbeitung in den Umgang mit digitalen Medien viel Zeit erfordert, die dann möglicherweise an anderer Stelle für den Unterricht fehlt. Auch technische Störungen beeinflussen den reibungslosen Ablauf des Unterrichts und können für Frust bei Lehrer:innen und Schüler:innen sorgen.

Kommunikation und Handschrift

Was für zurückhaltende Schüler:innen in Bezug auf die Beteiligung am Unterricht ein Plus sein kann, ist grundsätzlich eher kritisch zu sehen. Denn Sprache ist für die Schüler:innen im digitalen Unterricht kein zwingendes Mittel mehr und darunter kann die Kommunikationsfähigkeit sinken. Durch das Tippen an Laptop und Tablet, wird die Handschrift seltener genutzt und es wird schwieriger für die Schüler:innen mit der Hand zu schreiben.

Fazit

Die Digitalisierung ist auch im Bildungsbereich nichts, das man auf die Lange Bank schieben sollte. Sicher gibt es berechtigte Kritik an der ein oder anderen Stelle, doch die Chancen, die die Digitalisierung für den Schulunterricht und das gesamte Bildungswesen birgt, sind immens. Veränderung braucht Zeit, das weiß im Grunde genommen jeder und dennoch wird häufig erwartet, dass Veränderung über Nacht kommt. Es ist sicherlich sinnvoll hier den “langsamen Weg” zu gehen und den digitalen Unterricht langfristig und nachhaltig in den Schulalltag zu integrieren, als die Lust auf Digitalisierung mit undurchdachten Hauruck-Aktionen zu bremsen.